31.8.2025
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Alan Lehr

Offroad „Stop or Go“ – Sicherheit beim Overlanding richtig einschätzen

Einleitung

Overlanding steht für Abenteuer, Freiheit und den Reiz, abseits der Straßen unterwegs zu sein. Doch so faszinierend das Fahren im Gelände auch ist – die Risiken sind erheblich. Während sich viele Fahrer mit Technik, Ausrüstung und Komfort beschäftigen, wird das Thema Sicherheit erstaunlich oft vernachlässigt. Dabei kann schon eine kleine Fehlentscheidung gravierende Folgen haben.

Die größten Gefahren beim Overlanding

Viele Gefahren im Gelände werden unterschätzt oder nicht einmal bewusst wahrgenommen. Zu den häufigsten zählen:

  • Absturz: Steile Passagen oder lockerer Untergrund können zum Abrutschen oder Rollover führen.
  • Ertrinken: Falsch eingeschätzte Wasserdurchfahrten sind eine der größten Gefahren. Ein Fahrzeug kann schon bei geringen Strömungen weggespült werden.
  • Materialschäden: Von Getriebeschäden über gebrochene Achsen bis zu Elektrik-Ausfällen nach Wassereinbruch – das Risiko ist hoch.
  • Personenschäden: Verletzungen durch Überschläge, falsches Bergen oder ungesicherte Ladung.
  • Steinschlag: Besonders in engen Tälern oder Bergregionen eine reale Gefahr.
  • Überraschung durch Wasser am Camp: Ein plötzlich steigender Fluss kann ein Camp über Nacht überfluten.
  • Erdrutsche und Muren: Nach Starkregen oder in Gebirgsregionen können Hänge instabil werden.

All diese Szenarien haben eines gemeinsam: Sie treten plötzlich auf, und wer unvorbereitet ist, hat oft keine Chance, rechtzeitig zu reagieren.

Warum kaum über Sicherheit gesprochen wird

Im Offroadbereich wird viel über Fahrzeuge, Reifen, Dachzelte oder neue Technik diskutiert. Sicherheit hingegen bleibt meist ein Randthema. Ein Grund dafür ist, dass sich „Sicherheit“ schlecht verkaufen lässt – ein Satz LED-Scheinwerfer wirkt greifbarer und spannender als ein Konzept zur Risikominimierung. Hinzu kommt, dass viele Fahrer ihr Fahrzeug überschätzen und die eigenen Fähigkeiten nicht kritisch genug einschätzen. Eine Sicherheitskultur, wie sie im Bergsport oder beim Klettern selbstverständlich ist, hat sich beim Allradfahren bisher nicht etabliert. Oft kommt noch Gruppendruck hinzu: Wer in einer Kolonne unterwegs ist, möchte nicht derjenige sein, der umkehrt. Genau deshalb braucht es eine Methode, die Sicherheit konkret, sichtbar und besprechbar macht.

Das Vorbild aus der Lawinensicherheit

In den Alpen hat sich die „Stop & Go“-Methode seit Jahren bewährt. Sie reduziert die komplexe Lawinenkunde auf wenige, klar strukturierte Entscheidungsschritte. Tourengeher prüfen dabei zunächst die grundsätzliche Machbarkeit anhand von Hangneigung und Lawinenwarnstufe. Danach folgen weitere Checks, die typische Gefahrenzeichen im Gelände erfassen. Nur wenn alle Filter durchlaufen werden, kommt es zum „Go“. Das System ist so erfolgreich, weil es sowohl Anfängern als auch Profis hilft, die wichtigsten Fragen klar zu beantworten – und weil es die Zahl tödlicher Fehlentscheidungen deutlich reduziert hat.

Übertragung auf Offroad und Overlanding

Die gleichen Prinzipien lassen sich auf das Fahren im Gelände anwenden. Auch hier geht es darum, komplexe Risiken auf wenige Kernfragen herunterzubrechen. In unserer Variante prüfen wir nacheinander die grundsätzliche Machbarkeit einer Passage, mögliche Gefahrenzeichen, Ausnahmen, die nur bei klaren Sicherheitsfaktoren gelten dürfen, sowie mentale und organisatorische Rahmenbedingungen wie Zeit, Wetter oder Gruppendruck. Neu hinzu kommt der entscheidende Punkt, ob man alleine oder in einer Gruppe unterwegs ist. Wer alleine fährt, muss das Risiko halbieren – oder im Zweifel umkehren. In der Gruppe gibt es mehr Sicherheit durch Spotter, zusätzliche Fahrzeuge und gegenseitige Hilfe.

Was verhindert werden soll

Das Ziel ist eindeutig: Schäden an Mensch und Material verhindern. Niemand möchte erleben, dass ein Fahrzeug im Wasser versinkt oder an einem Hang überschlägt. Niemand will durch eine unüberlegte Aktion verletzt werden oder seine gesamte Reise durch einen vermeidbaren Defekt beenden. Die „Stop or Go“-Methode erinnert daran, dass Abenteuer und Sicherheit kein Widerspruch sind. Ein Abenteuer kann man abbrechen. Ein Leben nicht.

Anwendung der Matrix

Die Matrix wird Schritt für Schritt angewendet. Zuerst stellst du dir die Frage aus Check 1: Passt das Gelände zu deinem Fahrzeug und deinen Fähigkeiten? Wenn du diese Frage mit Ja beantworten kannst, gehst du zu Check 2 weiter. Schon ein einziges Nein bedeutet an dieser Stelle ein klares Stop.

Genauso gehst du mit den weiteren Prüfpunkten vor. Check 2 betrachtet mögliche Gefahrenzeichen wie Schlamm, Wasser oder Wetter. Check 3 erlaubt nur dann ein „Trotzdem Go“, wenn du auf klare, nachweisbare Sicherheiten zurückgreifen kannst. In Check 4 überprüfst du deine mentalen und organisatorischen Rahmenbedingungen – Zeit, Ruhe, Gruppenabstimmung. Und zuletzt stellt Check 5 die entscheidende Frage: Bist du alleine oder in einer Gruppe unterwegs?

So entsteht ein einfaches Filtersystem, das dich sicher durch schwierige Entscheidungen führt. Jede Passage im Gelände wird nacheinander geprüft, und nur wenn alle Checks grün sind, ist ein Go vertretbar. eine Hilfestellung zu geben, habe ich das bekannte „Stop & Go“-Prinzip aus der Lawinensicherheit auf das Offroadfahren übertragen. Es bietet eine einfache und nachvollziehbare Struktur für Entscheidungen im Gelände, die besonders Anfängern Orientierung gibt.

Fazit

Die größten Gefahren beim Overlanding liegen nicht im fehlenden Equipment, sondern in falschen Entscheidungen. Mit der Stop-or-Go-Matrix entsteht ein klarer Rahmen, der hilft, Situationen im Gelände schnell und realistisch einzuschätzen. Gerade für Anfänger ist es eine wertvolle Orientierungshilfe, für erfahrene Fahrer ein wichtiger Reminder, dass Sicherheit immer an erster Stelle stehen sollte.

Alan Lehr

Guide

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